Best practice: E-Mail-Marketing
Weitreichender Werbe-Begriff
Der Begriff der Werbung umfasst nach dem allgemeinen Sprachgebrauch alle Maßnahmen eines Unternehmens, die auf die Förderung des Absatzes seiner Produkte oder Dienstleistungen gerichtet sind. Damit ist außer der unmittelbar produktbezogenen Werbung auch die mittelbare Absatzförderung - beispielsweise in Form der Imagewerbung - erfasst. Dies hat u.a. der Bundesgerichtshof (BGH) in seinem Urteil vom 10.07.2018 (Az. VI ZR 225/17) so entschieden. Werbung ist deshalb in Übereinstimmung mit Art. 2 lit. a) der EU-Richtlinie über irreführende und vergleichende Werbung jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu fördern. Es spielt keine Rolle, ob die beworbenen Produkte bzw. Dienstleistungen kostenfrei oder gegen Entgelt angeboten werden. Ausnahmen bilden lediglich reine System- oder Statusmeldungen, wie etwa die Mitteilung über den Eingang der Bestellung in einem Webshop, über den Erhalt einer Zahlung oder über den Warenversand. Auch die Tatsache, dass eine E-Mail z.B. eine Grafik mit dem Firmenlogo enthält, macht den Inhalt noch nicht automatisch zur Werbung. Und letztlich sind auch rein private Äußerungen ausgenommen, insgesamt wird der Begriff der Werbung von Seiten der Rechtsprechung und insbesondere des BGH jedoch sehr weit ausgelegt.
Die Einstufung von Inhalten als Werbung erfolgt grundsätzlich unabhängig vom gewählten Medium, gilt also sowohl für Print-, Radio-, TV- und eben auch für E-Mail-Werbung gleichermaßen. Daher können – je nach konkreter Ausgestaltung – u.a.
- Pressemitteilungen,
- Newsletter,
- Bewertungsanfragen,
- Kundenzufriedenheitsbefragungen,
- Meinungsumfragen,
- Kooperationsanfragen,
- Autoresponder-E-Mails oder
- Textnachrichten in sozialen Netzwerken
prinzipiell als Formen elektronischer Werbung eingestuft werden.
Enthält eine elektronische Nachricht also direkte oder indirekte Werbung für ein Produkt bzw. eine Dienstleistung und / oder ein Unternehmen, kann dies insgesamt dazu führen, dass die gesamte Nachricht als Werbung kategorisiert wird. Auch wenn also die Grüße zur Weihnachtszeit gut gemeint sind - sofern sie jedenfalls auch Hinweise auf neue Produkte, auf den Messestand im nächsten Jahr o.ä. enthält, fällt sie unter die Kategorie „Werbung“ und muss die entsprechenden Voraussetzungen erfüllen.
Ohne Einwilligung geht (fast) nichts
Keine elektronische Werbung ohne vorherige Einwilligung, so will es die Regelung in § 7 Abs. 1, 2 Nr. 3 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), die übrigens nicht zwischen Werbung ggü. Verbrauchern (B2C) und ggü. Unternehmern (B2B) unterscheidet. Die Voraussetzungen für eine rechtskonforme Einwilligung richten sich seit dem 25. Mai 2018 nach den Vorgaben in der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Nach Maßgabe von Art. 4 Nr. 11 DSGVO ist eine Einwilligung jede freiwillig für einen bestimmten Fall, in informierter Weise und unmissverständlich abgegebene Willensbekundung in Form einer Erklärung oder einer sonstigen eindeutigen bestätigenden Handlung, mit der die betroffene Person zu verstehen gibt, dass sie mit der Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten einverstanden ist. Eine rechtskonforme Einwilligung muss demnach
- freiwillig,
- unmissverständlich,
- vor Beginn der Datenverarbeitung,
- auf Basis ausreichender Informationen,
- bezogen auf einen konkreten Verarbeitungszweck und
- durch eine Willenserklärung oder eine konkludente Handlung
erfolgen. Sie kann schriftlich oder auch formlos abgegeben werden. Es versteht sich von selbst, dass eine mündlich erteilte Einwilligung weniger gut nachweisbar ist, als eine schriftlich oder zumindest per Mausklick auf eine entsprechende Checkbox abgegebene. Den Nachweis einer gültigen Einwilligung muss stets der Mail-Versender führen.
Grundsätzlich können vorformulierte Einwilligungstexte verwendet werden. Diese sollten allerdings in verständlicher und leicht zugänglicher Form sowie in klarer und einfacher Sprache gestaltet sein (vgl. Art. 12 DSGVO). Sollen die vorformulierten Einwilligungserklärungen zusammen mit anderen Inhalten dargestellt werden, dann muss sie von diesen klar abgegrenzt werden und separat unterschrieben bzw. bestätigt werden können. Eine hervorgehobene Gestaltung des Einwilligungstextes kann z.B. durch
- Fettdruck,
- eine andere Schriftart,
- eine andere Schriftfarbe,
- einen anderen Hintergrund oder auch durch
- eine Umrandung
erreicht werden.
Jede Einwilligung ist jederzeit ohne Angaben von Gründen widerrufbar. Der Vorgang zur Ausübung des Widerrufsrechts muss genauso einfach sein, wie die Erteilung der Einwilligung selbst. Die Widerrufserklärung gilt mit Wirkung für die Zukunft. Ab diesem Zeitpunkt darf also keine Werbung mehr an die Person verschickt werden, die den Widerruf ausgeübt hat. Dazu empfiehlt es sich eine sog. Blacklist zu führen, in der alle E-Mail-Adressen enthalten sind, zu denen ein Widerruf erfolgt ist. Alternativ kann natürlich auch auf eine andere Weise sichergestellt werden, dass nach einem Widerruf kein Werbe-Versand mehr erfolgt.
Umsetzung des Double-Opt-in-Verfahrens
Um Einwilligungserklärungen für den Versand von elektronischer Werbung rechtskonform einholen zu können, sollte das sog. Double-Opt-in-Verfahren umgesetzt werden. Dadurch kann sichergestellt werden, dass sich jeder Empfänger freiwillig dazu entschließt, elektronische Werbung zu erhalten, und dass zugleich geprüft werden kann, dass derjenige, dessen E-Mail-Adresse eingetragen wurde, auch tatsächlich selbst, und nicht irgendein Dritter, seine Adresse angegeben hat.
Am Beispiel eines Newsletter-Abos kann das Double-Opt-In-Verfahren ganz gut skizziert werden:
- Der Interessent muss den Newsletter selbst aktiv anfordern. Dies kann z.B. durch die Eintragung seiner E-Mail-Adresse in ein entsprechendes (Online-) Anmeldeformular geschehen.
- Anschließend wird eine E-Mail mit einem Aktivierungslink verschickt, damit der potentielle Empfänger durch Anklicken des Links bestätigen kann, dass er sich selbst angemeldet hat. Erfolgt diese Verifizierung nicht, muss die E-Mail-Adresse nach einer gewissen Wartezeit (max. zwei Wochen) wieder aus dem Verteiler entfernt werden. Die Bestätigungs-E-Mail selbst darf noch keine Werbung enthalten.
- Nach erfolgreicher Verifizierung darf der Newsletter-Versand starten.
- Jeder einzelner Newsletter muss u.a. auch einen ausdrücklichen Hinweis auf das Widerrufsrecht enthalten.
Selbstverständlich gilt das Double-Opt-in-Prinzip nicht nur für Newsletter, sondern prinzipiell für jegliche Form elektronischer Werbung. Je nach Medium muss der Ablauf ggf. etwas angepasst werden. Wichtig ist aber, dass in jedem Fall a) eine korrekte Einwilligung eingeholt wird, b) eine Verfizierung der Empfängeradresse erfolgt und c) der gesamte Vorgang zu Nachweiszwecken protokolliert wird.
Die Bestandskundenausnahme
Das deutsche Wettbewerbsrecht sieht in § 7 Abs. 3 UWG vor, dass elektronische Werbung unter bestimmten Voraussetzungen ausnahmsweise auch ohne vorherige Einwilligung verschickt werden kann. Dazu sind die folgenden Voraussetzungen allesamt zu erfüllen:
- Der Versender muss die E-Mail-Adresse des Empfängers muss im Zusammenhang mit der Veräußerung von Waren und/oder Dienstleistungen erhalten haben.
- Er nutzt die E-Mail-Adresse nur für Direktwerbung für eigene ähnliche Waren oder Dienstleistungen.
- Es ist kein Widerspruch durch den Empfänger erfolgt.
- Es wurde deutlich darauf hingewiesen, dass der Empfänger der Verwendung jederzeit widersprechen kann, ohne dass hierfür andere als die Übermittlungskosten nach den Basistarifen entstehen.
Alle 4 Voraussetzungen müssen erfüllt werden - fehlt nur eine einzige, kann man sich nicht auf die Bestandskundenausnahme berufen. Das Vorliegen der Voraussetzungen muss ebenfalls durch den Versender nachgewiesen werden.
Die E-Mail-Adresse muss im Rahmen eines durchgeführten Kauf- oder Dienstleistungsvertrags erhalten worden sein, vorvertragliche Maßnahmen zählen insoweit nicht. Die Verwendungsmöglichkeit für "Direktwerbung für eigene Waren oder Dienstleistungen" beschränkt den Versand auf Werbung für einzelne Produkte / Dienstleisteungen und schließt anonyme Massenmailings o.ä. aus. Zudem dürfen nur eigene Waren bzw. Dienstleistungen beworben werden, keine Angebote von Dritten. Um "ähnliche Waren oder Dienstleistungen" geht es dann, wenn die jeweiligen Waren bzw. Dienstleistungen generell austauschbar sind bzw. gleichen oder ähnlichen Zwecken dienen, wie etwa bei Zubehör.
Die Anwendung dieser sog. Bestandskundenausnahme ist in der Praxis einerseits wegen der hohen Anforderungen aus § 7 Abs. 3 UWG nicht so einfach, wie es vielleicht klingen mag. Andererseits handelt es sich hierbei um eine Ausnahmeregelung zum vergleichsweise strengen Opt-In-Erfordernis von § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG, so dass diese Vorschrift restriktiv, also eher zurückhaltend anzuwenden ist.
Insbesondere fehlt es häufig an einer wichtigen Bedingung: Bei der ersten Bestellung bzw. der Registrierung als Kunde muss ein ausdrücklicher Hinweis auf den Werbeversand auf Basis der Bestandskundenausnahme erfolgen, der insbesondere auch den Hinweis auf das Widerspruchsrecht enthalten muss.
Checkliste
Folgende Voraussetzungen sind für rechtskonformes E-Mail-Marketing zu erfüllen:
- korrekte E-Mail-Signatur (hier gehts zu "Best practice: E-Mail-Signatur"), man kann sich dazu an den Vorgaben für ein korrektes Impressum orientieren (hier gehts zu "Best practice: Impressum")
- deutlicher Hinweis auf den werblichen Charakter der Nachricht schon im Betreff
- Umsetzung des Double-Opt-in-Prinzips
- korrekt gestaltete An- / Abmeldeseite u.a. inkl. ausreichender Informationen (Wer verschickt die Werbung? Womit bzw. wofür wird geworben? Wie oft wird sie verschickt? Wie kann die Einwilligung widerrufen werden?)
- eine nicht-vorausgefüllte Checkbox
- Website zur Newsletter-Anmeldung mit SSL- / TLS-Zertifikat abgesichert
- Werbeinhalte müssen mit der abgegebenen Einwilligungserklärung übereinstimmen
- keine wettbewerbswidrigen Produktbeschreibungen, Werbungen etc.
- korrekte Preisangaben
- deutlicher Hinweis auf das Widerrufsrecht
- Beschreibung des Werbe-Versands sowie der An- bzw. Abmeldung in der Datenschutzerklärung
- Beachtung des Grundsatzes der Datensparsamkeit sowie der Zweckbindung (im Zweifel darf nur die E-Mail-Adresse erhoben und auch nur für den Mail-Versand genutzt werden)
Muster
Als Hinweis für die Anmeldung für ein Newsletter-Abo kann beispielsweise folgender Text Verwendung finden:
"In unserem Newsletter bieten wir Ihnen News und spannende Informationen rund um die Themenschwerpunke Webdesign und -Programmierung. Der Newsletter ist kostenlos und erscheint 1 x wöchentlich. Zusätzlich versenden wir 4 x jährlich Sonder-Newsletter mit speziellen Themenschwerpunkten. Der Newsletter kann jederzeit kostenfrei und mit Wirkung für die Zukunft abbestellt werden. Ihre Daten werden nur für die Verwaltung und den Versand des Newsletter genuttz und nicht an Dritte weitergegeben. Weitere Informationen können unserer Datenschutzerklärung entnommen werden."
Hier sollte "Datenschutzerklärung" mit der entsprechenden Unterseite verlinkt werden.
Der Hinweis auf das Widerrufsrecht etwa kann wie folgt formuliert werden:
"Wenn Sie unseren Newsletter nicht mehr haben möchten, klicken Sie bitte auf den folgenden Link, um Ihre E-Mail-Adresse aus unserem Verteiler zu löschen. Sie erhalten danach keine weiteren Newsletter mehr von uns, es sei denn, Sie melden sich erneut an. Abmeldelink: ..."
Dieser Hinweis ist in jeder einzelnen Werbe-E-Mail zu platzieren.